Der Genfersee, ein wunderschönes Gewässer in der Westschweiz welches kaum abwechslungsreicher sein könnte. Die Reise startet in Genf und führt mit einem nostalgischen Dampfschiff in rund vier Stunden nach Lausanne. Nach einem kurzen Aufenthalt geht es weiter bis nach Vevey. Ab hier bringt ein dritter Raddampfer die Gäste über Montreux bis ans Ende des Sees, nach St-Gingolph.
3150, Genève-Nyon-Yvoire-Lausanne
Zugegeben, diese Schiffsfahrt von Genf bis nach St-Gingolph gehört zu den längst möglichen Fahrten auf einem Schweizer Gewässer, trotzdem ist sie auf jeden Fall eine Reise wert und es lohnt sich. Der Ausgangspunkt bildet die Weltstadt Genf. Die Schiffsstation der CNG ist in rund 10 Minuten ab dem Bahnhof erreichbar. Im Sommer verlassen zwei Dampfschiffe die Stadt in Richtung Lausanne, eines morgens um 10.45 und das andere um 14.45 Uhr. Beide Kurse beginnen ihre Reise bei der Landungsbrücke Mont Blanc.
Auf dem morgendlichen Kurs wird in der Regel das Dampfschiff Simplon eingesetzt, welches man schon von weitem Dampfen sieht. Bei herrlichem Sommerwetter stehen die Leute schon lange vor der Abfahrt am Quai bereit, ein rechtzeitiges Erscheinen ist also empfehlenswert. Pünktlich um 10.15 ertönt dann ein lauter Pfiff aus der Dampfpfeife, welcher die Abfahrt signalisiert. So wird die Brücke zurückgestossen und das Schiff setzt sich langsam in Bewegung. Auf der rechten Seite sticht gleich zu Beginn das Wahrzeichen von Genf ins Auge, der Jet d`eau.
Der Springbrunnen spritzt das Wasser aus dem Genfersee bis zu 140 Meter in die Höhe. Dazu stossen zwei Pumpen in der Sekunde 500 Liter Wasser mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h aus. Nachdem der Hafen von Genf langsam ein bisschen zurück liegt, folgt schon der erste Halt bei der Station Genève Eaux-Vives. Nachdem hier ein paar Ausflügler zugestiegen sind, geht die Reise richtig los. Der Raddampfer nimmt Kurs in Richtung Versoix. Nun wird der See langsam breiter und es zeigt sich die wahre Grösse des Lac Leman, so dass man nicht einmal den Horizont erkennen kann.
Man könnte meinen man sei irgend auf einem Weltmeer unterwegs. Bei einem Blick zurück, kann man den Jet d`eau noch lange erkennen. Wenn man an den Genfersee denkt, dann kommen einem schnell mal die Rebberge von Lavaux in den Sinn. Aber dass die strenge calvinistische Stadt Genf von Rebbergen umgeben ist und das der Kanton das flächenmässige drittgrösste Weinanbaugebiet beherbergt, vergisst man oft. Die Reise führt am linken Ufer entlang, wo man neben den Rebstöcken auch viele nette Anwesen begutachten kann.
Der Raddampfer Simplon, der in der Regel auf dem Kurs 102/105 eingesetzt wird, gilt als imposantestes Schiff auf dem Genfersee. Die Kiellegung erfolgte 1914, die Arbeiten wurden aber einige Tage später infolge des Ausbruchs des 1. Weltkrieges eingestellt. Ein Jahr später war die Dampfmaschine zwar eingebaut, jedoch ruhte alles andere. Nach langem Zögern beschloss dann die CGN das Schiff doch fertig zu bauen, und so konnte es dann 1920 doch noch in Betrieb genommen werden. Aber zurück zur Reise, kurze Zeit später heisst es dann prochain arrête; Versoix.
Nach dem kurzen Halt nimmt der Kapitän Kurs auf das Nachbarsdorf, welches sich jedoch nicht mehr im Kanton Genf sondern schon im Kanton Waadt befindet. Mit dem neuen Kanton beginnt auch ein neues Weinanbaugebiet, das sogenannte la Côte. Dieses erstreckt sich von der Kantonsgrenze bis nach Lausanne. Die Trauben aus denen dann ein Mont sur Roll oder auch ein Féchy entsteht, wachsen an diesen weit weniger steilen Rebhängen, als sie dann später im Lavaux anzutreffen sind. So geht die Reise nach Coppet wie im Flug vorbei.
Die Landschaft unterwegs ist geprägt von einer herrlichen Abwechslung von Reben, Ackerbau und Winzerhäuser und –Dörfern. Im La Côte befinden sich übrigens 32 der 42 Winzerschlösser des Kantons. Nach gut einer Stunde Fahrzeit kommt die erste grosse Ortschaft in Sicht, Nyon. Auf dem herrlichen, mit vielen blühenden Geranien geschmückten Landungssteg, warten in der Regel unzählige Passagiere auf das Schiff. Dementsprechend sieht der Fahrplan hier auch einen Aufenthalt von sechs Minuten vor, welche benötigt werden um alle aus- und einsteigen zu lassen.
Bei schönem Wetter kommt das Dampfschiff, welches ein Fassungsvermögen von 850 Personen aufweist, an seine Kapazitätsgrenzen. Doch viele von den Zugestiegenen bleiben nicht all zulange an Board. Mit einem lauten Pfiff lässt der Raddampfer die Stadt, die auch die Weinbau-Fachhochschule beheimatet, hinter sich und steuert auf das gegenüberliegende Ufer zu. Die Reise geht einmal quer über den See nach Frankreich. Da diese Verbindung neben Ausflügler auch viele Pendler nützen, werden die spärlichen Kursfahrten durch ein Pendelschiff ergänzt, welches die beiden Ortschaften etwa im Halbstunden Takt verbindet.
Nach 20 minütiger Überfahrt ist ein schmuckes Dorf in Sicht, Yvoire. Der Dorfkern, der knapp 1000 Einwohner beheimatet, liegt malerisch an der Nordspitze einer Landzunge die in den See ragt. Die Ortschaft, die als eines der Plus beaux villages de France (schönstes Dorf Frankreichs) klassifiziert ist, zeichnet sich durch den gut erhaltenen mittelalterlichen Dorfkern und die vielen prächtigen Blumen aus. Gut, dass der Fahrplan hier einen 10 minütigen Aufenthalt vorsieht, denn dieses Dorf zieht dementsprechend unzählige Touristen an, die das Schiff nun verlassen und in das kleine Städtchen hinein strömen.
Nun kehrt langsam wieder Ruhe auf dem Schiff ein. Der Kapitän lässt Frankreich nun hinter sich und nimmt wieder Kurs auf die Schweiz. Bei der erneuten Seeüberfahrt kommt ein nautisches Highlight, die Kreuzung mit dem Dampfschiff Italie. Sie hat schweizweit am meisten Kilometer seit ihrer Jungfernfahrt 1908 zurückgelegt. Jedoch ist die Italie kein originales Dampfschiff mehr, denn der Antrieb wurde im Jahre 1958 von Dampf auf diesel-elektrisch umgestellt. Am äusseren Erscheinungsbild hat sich jedoch kaum etwas geändert und so begrüssen sich die zwei alten Damen mit einem lauten Pfiff aus ihren Dampfpfeifen.
Zurück am linken Seeufer heisst es dann prochain arrète, Rolle. Auch hier zeigt sich das Genferseegebiet wieder von der schönsten Seite. Die gepflegte Hafenanlage mit den vielen Beizen würde zum Verweilen einladen, jedoch geht die Reise schon wieder weiter. Nun steuert der Kapitän sein Dampfer zwischen dem Ufer und der kleinen Île de la Harpe hindurch sowie ein wenig später am Château de Rolle vorbei. Es ist wahrscheinlich die mysteriöseste Festung am Genfersee, in Bezug auf Ursprung und Geschichte. Nun tuckert das Schiff weiter See aufwärts nach St-Prex, eine einmalige Mischung aus Weinbau und Fischerei.
Der nächste Halt befindet sich in Morges. Das Städtchen ist von Liebhabern von Spaziergängen und landwirtschaftlichen Produkten aus der Region sehr geschätzt. Weiter ist die Ortschaft reich an Zeugen der Vergangenheit. So ist zum Beispiel der Hafen mit mehreren Wachpostentürmen gespickt. Das Château Morges wurde Anfang des XIII. Jahrhunderts erbaut und beherbergt eine grosse Sammlung von über 10`000 Objekten an Waffen, Rüstungen, Uniformen und Kanonen. Weiter tuckert das Schiff nach St-Slupice.
Nach etwas mehr als drei ein halb Stunden Fahrzeit ist die Hauptstadt vom Kanton Waadt in Sicht. Vom See aus ist gut zu erkennen wie dicht bebaut das Gebiet hier ist. Bevor das Schiff in Lausanne anlegt, fährt man an der Werft der CNG vorbei. Hier werden unteranderem auch die nostalgischen Raddampfer gehegt und gepflegt. In Lausanne Ouchy heisst es dann Abschiednehmen vom DS Simplon, das übrigens nach einem kleinen Aufenthalt gleich wieder zurück nach Genf fährt. Während dem gut einstündigen Aufenthalt empfiehlt sich ein kleiner Spaziergang am Quai.
3150, Lausanne-Vevey
Lausanne ist der Dreh- und Angelpunkt von der CGN. Von hier verkehren die Schiffe sowohl Richtung Genève sowie auch nach Montreux-St. Gingolph. Daneben verlassen auch die Pendelschiffe N1 nach Évian und N2 nach Thonon im dichten Takt die Hauptstadt und verbinden diese mit den beiden auf der anderen Seite liegenden Dörfern. Total verkehren die Schiffe der CGN über 100 Mal am Tag zwischen der Schweiz und Frankreich.
Etwa um halb drei läuft ein weiterer Raddampfer im Hafen ein mit dem man die zweite, kürzeste Etappe am heutigen Tag bestreiten wird. Sobald alle Passagiere an Bord, sind ertönt um 14.45 Uhr ein lauter Pfiff aus der Dampfpfeife. Die gut einstündige Reise führt alles am linken Seeufer entlang in Richtung Vevey. Der erste Halt befindet sich kurze Zeit später in Pully. Nun beginnt der wohl aufregendste Teil der ganzen Reise, denn man fährt langsam in das Gebiet des Lavaux ein. Der Kurs 804 wird im Normalfall vom Dampfschiff Montreux geführt.
Das 1904 in den Dienst gestellte Schiff ist heute der Veteran der Flotte, besitzt jedoch die neuste Dampfmaschine. Der Kapitän kann von der Komandobrücke aus die Dampfmaschine direkt fernsteuern, ohne jeglichen Einsatz des Maschinisten. Dies ist eine Weltpremiere. Auch sonst hat das Schiff eine bewegte Geschichte hinter sich. So wurde zum Beispiel 1958-1962 ein Dieselelektrischer Antrieb eingebaut, welcher jedoch 1998 im Rahmen der „Revapeurisierung“ wieder durch eine richtige Dampfmaschine ersetzt wurde.
Die Reise führt nun weiter über die Ortschaften Lutry und Cully. Am linken Hang sind nun die wunderschönen Rebberge des Lavaux zu erkennen. Dieses erstreckt sich von Lausanne bis zum Schloss Chillon und ist zweifelsohne das spektakulärste Weinanbaugebiet des Genfersees. In den steilen Hängen wurden schon von Mönchen bepflanzte Terrassen errichtet, welche heute zum UNESCO Weltkulturerbe zählen. Neben dem idealen Boden, der viele förderliche Substanzen enthält, kommt vor allem die sogenannte „dreifach Sonne“ dem Wein zu gute.
Neben der direkten Sonnenbestrahlung gehört die Spiegelung durch den See und durch die Mauern dazu. Die Hänge sind so steil, dass der Transport der Ernte vorwiegend mit vielen kleinen vertikalen Einschienenbahnen erfolgt. In diesem Abschnitt haben sich für einmal nicht die Schönen und Reichen die Lage direkt am See ergattert, sondern die vielen Weinbauern und natürlich auch die Bahn, die direkt am Ufer entlang fährt. Nun steuert der Kapitän auf die Station Rivaz-St Saphorine zu, ein wunderschönes historisches Städtchen direkt am See.
Mit dem Erreichen von Vevey nach gut einer Stunde heisst es Abschiednehmen von Dampfschiff Montreux. Dieses wird nach einem kurzen Aufenthalt weiter zum Schloss Chillon verkehren, jedoch ist ein Besuch der Stadt Vevey sehr zu empfehlen. Hier im Marché kommt richtige Ferienstimmung auf. An schönen Sommertagen versammeln sich die Einwohner in Scharen, um die Sonne zu geniessen. Daneben ist auch ein Spaziergang durch die Gassen der Altstadt sehr zu empfehlen, wo sicher irgendwo auch eine kleine Stärkung drin liegt.
3100, Vevey-Montreux-Le Bouveret-St.Gingolph
Nach dem gut einstündigen Aufenthalt folgt die dritte Etappe, die Fahrt bis ans Ende des Genfersees nach St. Gingolph. Das Dampfschiff Vevey trifft um etwa 16 Uhr in Vevey ein. Nach eine kurzen Pause legt das Schiff schon wieder die Leinen los und tuckert in Richtung Montreux. Nur einen Katzensprung weit entfernt vom Marché befindet sich die Station La Tour. Nach dem auch hier einige Gäste zugestiegen sind, geht die Fahrt wiederum an den wunderschönen Rebbergen vom Lavaux entlang.
Wenig später steuert der Kapitän auf Clarens zu. Das Dampfschiff, welches auf dem 508er Kurs eingesetzt wird, ist die DS Vevey. Dem Schwesterschiff der Italie mit Baujahr 1907 wurde 1955 ein dieselelektrischer Antrieb eingebaut. Das heisst, der Antrieb erfolgt zwar nach wie vor über die beiden Schaufelräder, jedoch werden diese nicht mehr von einer Dampfmaschine, sondern von zwei konventionellen Motoren in Bewegung gebracht. Nichts desto trotz konnte bei der letzten Totalrenovation 2013 das elegante Erscheinungsbild zurückgewonnen werden.
Der nächste Halt befindet sich, neben Genève und Lausanne, am wohl bekanntesten Tourismusort am Genfersee: in Montreux. Die Fahrt am Ufer entlang zur Station ist eindrucksvoll. Mehrere pompöse, grosse Hotelbauten im fünf Sterne Bereich stehen hier direkt am See und beherbergen eher die gut betuchten Leute. An der modernen Landungsbrücke sieht der Fahrplan eine kürzere Pause vor, denn hier gibt es in der Regel einen grossen Wechsel an Fahrgästen.
Montreux ist aber nicht nur mit dem Schiff gut erschlossen, denn neben der SBB Linie Genf-Brig enden hier auch die Gleise der Montreux-Oberland Bernois-Bahnen, kurz MOB (120). Weiter fährt von hier auch die kleine Zahnradbahn (121) auf den 2`042 Meter hohen Roche de Naye hinauf, von wo man einen herrlichen Ausblick über das Genferseegebiet und bis
ins Berner Oberland hat. Kurz nach dem man die Stature passiert hat, die zu Ehren vom verstorbenen Freddie Mercury erstellt wurde, folgt gleich das nächste Highlight.
Das Château Chillon. Es gehört zu den faszinierendsten Schlösser Europas. Die atemberaubende Architektur, die verwinkelten Innenhöfen und nicht zuletzt auch die einmalige Lage zwischen tiefblauem
See und den meterhohen Bergen machen dieses Schloss einfach einzigartig. Dementsprechend viele Besucher zieht dieses mittelalterliche Gebäude auch an. Mit dem Schloss Chillon verlässt man nun das
wunderschöne Gebiet des Lavaux und fährt in das letzte Weingebiet ein, das Chablais.
Das Weinanbaugebiet, das bis ins Wallis hinauf ragt, teilt sich hier die Landschaft zusammen mit Wohnhäusern, der Industrie und nicht zuletzt mit der wichtigen Transitachse vom Schienen und Strassenverkehr. Langsam aber sicher kommt man nun dem Ende des Sees näher, und das nach gut fünf Stunden reiner Fahrzeit ist Villeneuve erreicht. Dies ist der östlichste Punkt des Genfersees, doch ist die Reise somit noch nicht ganz zu ende. Die Reise führt weiter am Rhonedelta entlang nach Le Bouveret.
Hier befindet sich nicht nur ein grosser Wasserpark mit unzähligen Rutschbahnen sondern auch der Swiss Vapeur Park. Die grosse Landungsbrücke zeigt auf, das dieser Ort eine wichtige Bedeutung für den Schiffsverkehr hatte und auch immer noch hat. So endet am späteren Abend dann auch der Einsatz des DS Vevey in Le Bouveret und es übernachtet hier. Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Zielort der Reise. Um 17:43 ist es dann geschafft und der Endpunkt St. Gingolph ist erreicht.
Hier heisst es sieben Stunden nach Abfaht in Genf zum aller letzten mal von Bord gehen. Das Grenzdorf ist zweigeteilt, die östliche Seite gehört zur Eidgenossenschaft, die westliche zu Frankreich. Dadurch ist die Ortschaft auch sehr vom Grenzverkehr geplagt. In den Abendstunden schleichen unzählige Autos mit französischem Kennzeichen durch die schmale und überlastete Strasse in Richtung Feierabend. Da kommt gerade recht, dass von hier auch eine Bahnstrecke nach Sion führt, von wo man dann die Heimreise antreten kann.
Last Update: 18.11.2024
Zuletzt gereist: 05.06.2024