Auf der Reise im GoldenPass Express verschmilzt die mediterrane Atmosphäre der französischen Schweiz mit jener des traditionsreichen Berner Oberlands. Von Montreux führt die Fahrt durch die Rebberge hinauf nach Chamby. Anschliessend tuckert der Zug über Montbovon und Château d`Oex nach Gstaad. Schliesslich enden in Zweisimmen die schmalspurigen Schienen der MOB. Dank der 2022 in Betrieb genommenen Umspuranlage ist es möglich, den GoldenPass Express innert wenigen Sekunden auf Normalspur umzuspuren. Anschliessend geht die Fahrt weiter durchs Simmental nach Spiez. Nach über drei Stunden fährt der Zug im Endpunkt der Reise, Interlaken Ost, ein.
120, Montreux-Château d`Oex-Gstaad-Zweisimmen
Ausgangspunkt dieser herrlichen Reise im Panoramazug ist Montreux. Die Stadt am Ufer des Lac Leman war ab Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem bei der wohlhabenden Bevölkerung aus aller Welt beliebt. Besonders die gut betuchten Briten residierten damals sehr gerne in den Grand Hotels direkt am Genfersee. Daneben hat sich Montreux auch zu einer Musikstadt entwickelt. So produzierte die Rockband Queen hier sechs ihrer Alben und nach dem Tod von Freddy Mercury wurde zu seinen Ehren eine grosse Statue am Ufer errichtet.
Doch nun zur eigentlichen Reise. Vier mal am Tag nimmt der neue Goldenpass Express die 3 1/2 stündige Reise nach Montreux in Angriff. Ergänzt wird der Fahrplan von stündlichen Verbindungen der Goldenpass Panorama und Belle Epoque Zügen, die sämtliche Haltestellen bedienen aber nur bis Zweisimmen verkehren. Gleich nach der Bahnhofsausfahrt schlägt das Eisenbahntrasse eine 180 Grad Kurve ein und beginnt zu steigen. Am Berghang des Lavaux schlängelt sich das Trasse nach oben. Schnell wird das Siedlungsgebiet von Montreux hinter einem gelassen
und man taucht in die von der UNESCO geschützten Weinberge des Lavaux ein. Das Zusammenspiel vom reflektierenden Wassers des Lac Lemon, des sonnigen Berghanges und des idealen Bodens sorgen für exzellente Weine. Die Winzerkultur hat im Genferseegebiet eine lange Tradition. Als Hommage an dieses Erbe findet alle 20 Jahre, zuletzt im Sommer 2019, das Fête des Vignerons statt. Während diese traumhaft schöne Landschaft am Fenster vorbeizieht, gewinnt der Zug immer mehr an Höhe.
Vorbei am Château Châtelard gelangt der Zug nach Fontanivent. Für die Erschliessung dieser kleinen Stationen sind nicht die als Panorama Express (PE) verkehrenden Goldenpass Züge zuständig, sondern die eingeschobenen Regios. Diese verkehren halbstündlich zwischen Montreux - Les Avants und erschliessen so die zahlreichen Ortschaften am sonnigen Berghang. Zum Einsatz kommen dabei neue Stadler Triebzüge des Typs ABeh 2/6. Der Wunsch nach einer Eisenbahn zwischen Montreux und Zweisimmen bestand schon früh.
Nach der Gründung der Montreux-Berner Oberland Bahn (MOB) im 1899 arbeitete man tatkräftig an diesem Projekt. Bereits sechs Jahre später wurde das letzte Teilstück eröffnet. Ab 1907 konnten sich die internationalen Gäste während der Fahrt im ersten Speisewagen der Schweiz verwöhnen lassen. Die vielen englischsprechenden Gäste befuhren die Strecke vor allem im Herbst. Sie schwärmten von einer "Golden Time" - und so entstand schliesslich der Name Golden Pass. 1976 nahmen die MOB den ersten klimatisierten Panorama Wagen von Europa in Betrieb.
Zehn Jahre später kam eine weitere bahntechnische Neuheit dazu. Eine Glaskanzel an der Zugspitze des "Goldenpass Panoramic" garantiert bei den VIP-Sitzen uneingeschränkte Sicht auf die Gleiskonstruktionen und die vorbeiziehende Landschaft. Schliesslich kam 2022 eine weitere Neuheit dazu - der Goldenpass Express. Der neue Panoramazug kann dank verstellbaren Drehgestellen sowohl die schmalspurigen Gleise der MOB sowie die Normalspur der BLS befahren, aber dazu später mehr. Die dunkelblau - beigen Züge winden sich nun über Cherex und Sonzier weiter den Berghang hoch.
Mit einer weiteren Kehre ergibt sich nun auf der anderen Seite der herrliche Ausblick auf den tiefblauen Genfersee. Der nächste Halt befindet sich am schmucken Bahnhof von Chamby. Während der Sommermonaten verkehrt jedes Wochenende historisches Rollmaterial und Dampfzüge auf der stillgelegten Strecke Blonay-Chamby (blonay-chamby.ch) Für den Panorama Zug geht es derweil weiter in Richtung Les Avants. Vom Bahnhof führt eine kurze Standseilbahn, oder auf französisch liebevoll Funi genannt, hinauf auf den Sonloup. Der Berghang gilt als Heimat der Narzissen.
Wenn sie in der zweiten Maihälfte ihre Blütezeit erreichen und die Felder weiss übersät sind, wird dieses herrliche Naturphänomen auch als Maischnee bezeichnet. Kurz darauf verschwindet das Eisenbahntrasse im 2.5 kilometerlangen Jaman Tunnel. Eine Streckenführung über den steilen Jaman Pass wäre ohne Zahnradbetrieb nicht möglich gewesen deswegen entschied man sich seinerzeit für die Tunnelführung. Zurück am Tageslicht führt die Reise nun auf freiburgischem Boden nach Montbovon. Hier besteht Anschluss an die ebenfalls schmalspurbetriebene Gruyères-Bahn nach Bulle (253).
Diese wird heute von den Freiburgischen Transport-Unternehmung tpf, betrieben. Für den Goldenpass Zug geht die Fahrt weiter in Richtung Château d`Oex. Doch zuvor wird die Kantonsgrenze erneut überfahren und man befindet sich wieder im Waadtand. Die Eisenbahn folgt dem Flusslauf der Saane zum Lac de Vernex. Hier wird das Wasser der Saane das erste von fünf Malen gestaut und zur Stromherstellung verwendet. Wenig später fährt der Zug am schmucken Bahnhof von Château d`Oex ein. Hier besteht praktisch stündlich Busanschluss über den Col des Mosses nach Leysin. (12.175)
Den Hauptort des offenen Tals «Pays-d’Enhaut» verbindet man vor allem mit Heissluftballonfahrten. 1997 starteten Bertrand Piccard und Bryan Jones von diesem Ort aus ihre erste Non-Stop-Weltumrundung im Heissluftballon. Jeweils Ende Januar findet das grosse internationale Heissluftballonfahrertreffen statt. Der beige-weisse Zug tuckert nun weiter durch das Saanetal nach Rougemont VD. Rund 5 Kilometer vor Saanen wird die deutsch-französische Sprachgrenze passiert. Mit der Überfahrt des "Röstigrabens" ändert sich neben der Sprache auch der Kanton sowie allmählich auch die Landschaft.
Die mediterrane Riviera wird definitiv hinter einem gelassen und die saftig grünen Wiesen und Hügeln des Berner Oberlands prägen die Landschaft. Die Eisenbahnstrecke schlägt nun einen Abstecher nach Gstaad ein. Diese Streckenführung war ursprünglich nicht von der MOB geplant, da Gstaad eigentlich mit der Eisenbahnlinie von Aigle über Les Diablerets und Pillon nach Saanen angeschlossen werden sollte. Da sich der Bau jener Bahn verzögerte, bat Gstaad um die Anbindung an die Montreux-Zweisimmen Linie. Zum guten Glück, denn vollendet wurde die Bahnlinie über den Col du Pillon nie
und so verkehrt auch heute noch ein PostAuto auf diesem Abschnitt (12.180). Heute wäre es kaum vorstellbar, wenn die Züge den mondänen Kurort einfach links liegen lassen würden. Gstaad lädt mit seinen belebten Gassen zum Verweilen ein. Sei dies beim Flanieren entlang der lieblich dekorierten Chalets mit alpinem Charme oder bei Kaffee und Kuchen in einem der Grand Hotels. Gleich nach dem Bahnhof beginnt das Trasse noch einmal an zu steigen. Auf dem imposanten 100 meterlangen Grubenbach Viadukt ergibt sich ein letzter Blick hinunter nach Gstaad.
Anschliessend schlängelt sich der Zug am Berghang entlang und gelangt über Gruben nach Schönried. Zwei Kilometer entfernt befindet sich der auf 1`269 Meter über Meer liegende Bahnhof Saanenmöser. Dies ist der höchste Punkt der Strecke. Nach einem kurzen Halt und der Kreuzung mit dem Gegenzug kann der Abstieg ins 300 Meter tieferliegende Zweisimmen in Angriff genommen werden. Vorbei am Haltepunkt Oeschseite kann man auf der linken Seite bereits im Talboden den Zielort Zweisimmen erkennen. Nach dem passieren des Moosbachkehrtunnel schlängelt sich das Bahntrasse zum Bahnhof.
Während die Goldenpass Panoramic und Belle Epoque Züge im schmalspurigen MOB Kopfbahnhof enden, fährt der Goldenpass Express auf den durchgängigen Gleisen 6 oder 7 ein. Bevor die Komposition am Perron zum Stillstand kommt, befährt der Panoramazug die Umspuranlage. Dabei werden die Achsen von 1`000 mm Meterspur auf 1`435 mm Normalspur verbreitert. Dies geschieht innerhalb von wenigen Sekunden und ist für die Fahrgäste kaum spürbar. Nach einem 10 minütigen Aufenthalt, in dem die schmalspurige MOB Lok gegen eine BLS Zugmaschine getauscht wird, kann die Fahrt nach Interlaken Ost fortgesetzt werden.
Zweisimmen (Umspuranlage)
Bereits 1930 kam die Idee eines Dreischienengleises auf. Mit diesem sollte die durchgehende meterspurige Verbindung nach Interlaken Ost realisiert werden. Jedoch scheiterte dieses Projekt mehrmals an Geldmangel. Eine letzte Studie aus dem Jahre 2006 zeigte vor allem in Spiez grosse Probleme auf. Denn dort muss die Strecke der Lötschberg-Strecke gekreuzt werden. Aus Sicherheits- und Kapazitätsgründen, verweigert die BLS das Kreuzen der Meterspur. Dazu kommt, dass die MOB und die BLS mit unterschiedlichen Fahrspannungen unterwegs sind.
So wurde das Projekt auf Grund der zu hohen Kosten ein weiteres Mal verworfen. 2008 präsentierte die MOB die Idee einer Umspuranlage. Dabei werden beim Befahren dieser Anlage die Wagenkästen kurz angehoben und dabei die variablen Drehgestelle von 1`000 mm auf 1`435 mm gestreckt oder umgekehrt. Damit konnte der jahrelange Traum der ersehnten Direktzüge Montreux-Interlaken Ost endlich realisiert werden. Im Zusammenhang mit dem Umbau des Bahnhofs Zweisimmen wurden zwei Umspuranlagen realisiert. Nach mehrjährigen Tests rollte am 11. Dezember 2022 der erste fahrplanmässige Zug über die Umspuranlage.
320, Zweisimmen-Boltigen-Spiez-Interlaken Ost
Die Fahrt für den Goldenpass Express geht nun auf dem Streckennetz der BLS weiter. Diese stellt auf ihrem Abschnitt des GPX auch die Schublok sowie das Kontroll- und Fahrpersonal zur Verfügung. Da die BLS nicht nur ein anderes Stromsystem sondern auch eine andere Kupplung als die MOB verwendet, wird neben der Lok auch ein spezieller Interfacewagen angehängt. Dieser stellt die Verbindung zwischen der BLS Lok und der restlichen Komposition sicher. Nach dem Rangiervorgang
und einer erfolgreichen Bremsprobe kann die Fahrt fortgesetzt werden. Das Bahntrasse folgt dem Verlauf der Simme, welchem dem Tal auch seinen Namen gab, nach Boltigen. Die Ortschaft am Fusse des Jaunpasses ist auch Ausgangspunkt der tpf-Buslinie 20.260, die hinüber ins freiburgische Jaun führt. Für den Zug geht es weiter talwärts in Richtung Erlenbach. Der Expresszug bedient dabei nur die grösseren Ortschaften, für die Erschliessung der restlichen Bahnhöfe sind die stündlichen BLS Regio Züge Zweisimmen-Spiez-Bern zuständig. Das Simmental ist übrigens das längste Tal im Berner Oberland.
Vom Wildstrubelmassiv ob Lenk bis zum Talausgang bei Wimmis sind es ganze 50 Kilometer. Seit 1902 ist das Tal mit der Eisenbahn erschlossen. Ursprünglich wäre eine normalspurige Verbindung von Luzern über den Brünig nach Spiez und dann weiter durchs Simmental bis nach Bulle vorgesehen gewesen. Mit dem Bau der Brünigbahn in Schmalspur schwand das Interesse der Fortführung. Doch zurück in die Gegenwart. Der Zug durchfährt nun weiter den herrlich grünen Talboden mit den kunstvoll geschmückten Bauernhäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Über Erlenbach erreicht der Zug wenig später Oey-Diemtigen. Nach rund 40 Minuten ist mit Wimmis der Talausgang des wunderschönen Simmentals erreicht. Nur ein Katzensprung weit entfernt liegt Spiez. Hier mündet die Simmentalbahn in die Lötschbergerachse ein. Während die BLS Regio Züge hier mit dem Lötschberger aus Brig gekoppelt werden und gemeinsam nach Bern fahren, geht es für den Goldenpass Express ohne viel Zeit zu verlieren weiter in Richtung Interlaken. Nun befährt der Zug die Gleise der ehemaligen Thunerseebahn. 1890 entschied man sich, Thun und Interlaken anstatt einer Eisenbahnfähre
mit einem durchgehenden Eisenbahntrasse zu erschliessen. Nur drei Jahre später dampfte bereits der erste Zug am wunderschönen Thunersee entlang. Die Streckenführung und die herrliche Aussicht auf den tiefblauen See hat sich bis heute praktisch nicht verändert. So geht die 20 minütige Reise wie im Flug vorbei und die Panoramakomposition gelangt über Interlaken West zum Endpunkt der Reise. In Interlaken Ost enden schliesslich die normalspurigen Gleise der BLS. Wer nun weiter über den Brünig nach Luzern (470) reisen will, muss auf die schmalspurige ZentralBahn umsteigen
Zur Vollendung der Goldenpass Reise kann mit der ZentralBahn (ZB) von
Interlaken Ost über den Brünig nach Luzern gereist werden (470)
Last Update: 18.11.2024
Zuletzt gereist: 03.07.2024